Die Rahmen-Trommel
Erste menschlich-musikalischen Tätigkeiten sind:
- Rufe, Schreie, Laute, Gesang, Takt, Rhythmus, Tanz, Ekstase – Trance.
- Die Welt ist Rhythmus: der Herzschlag der Mutter – der eigene Herzschlag, Winter – Frühling – Sommer – Herbst, Schritt für Schritt, Tag – Nacht / Sonne- Planeten, Vögel, Frösche…. Die Welt ist Klang.
Mit Hilfe des eigenen Körpers | Werkzeuge nutzen |
Beine/Füße stampfen | |
Hände klatschen | Stöcke, Knochen, Steine |
Brust trommeln | Muscheln, Hufe, Hörner, Geweih |
Gegenseitig abklopfen | Rasseln, Hohlkörper, Mörser |
Mund zu Mund- Gesang | Resonanz erzeugen |
Entweder zentriert sich die Energie:
- im Kreis, in die Mitte
- in den Menschen
- in die Gemeinschaft
oder die Energie wird in eine Richtung geschickt:
- Nachricht, Botschaft (Krieg / Frieden, Einladung…)
- Gebet, meine Absicht ins „Große-Ganze“
Ich gebe eine Absicht in meine Handlung, in meinen Geist.
Ich will :
- Resonanz erzeugen
- Eine Verbindung herstellen
- Mich vereinigen mit dem „Großen Ganzen“
- Hilfe und Unterstützung erbitten
- Ein Ziel ansteuern
- Ich will Danke sagen
Denn ich bin nicht allein. Ich bin weit mehr als das. Ich bin ein Teil vom „Großen-Ganzen“. Ich nutze den Geist meiner Werkzeuge (Geweih, Muscheln, Hölzer, Federn, Steine, Messer, Hebel,…). Dadurch verstärke ich meine Kraft.
Eine auf den Rahmen gespannte Haut wird trocken, stramm und hart. Ein Schlag gegen die Membran, erzeugt Vibrationen, Luft- Schwingungen. Wenn ein Stein in eine ruhige Wasserfläche fällt, werden Ringe von Wellen erzeugt. Ein Schlag auf einen Gegenstand erzeugt das gleiche Phänomen im Luftraum. Der Stein sinkt tief. Der Klang dringt weit. Er durchdringt Barrieren, Mauern und Grenzen. Der Schall dringt durch Raum und Zeit
Die Haut braucht einen Rahmen, über den sie gespannt werden kann. Der Rahmen soll leicht sein, ein Ring aus Holz, dünn wie ein Reifen. Ein langes Stück Brett aus einem Baum, wird erhitzt und zu einem Ring zusammengelegt. Ein Kreis wird gebildet, in dem sich Anfang und Ende verbinden, wie: (A + Ω). Der lebende Baum gibt sein Fleisch. Das lebende Tier gibt seine Haut. Feuer und Wasser werden zur Hilfe genutzt. Der Mensch gibt seine Vorstellungskraft, seine Energie und Kraft. Das „Große Ganze“ ist daran beteiligt und anwesend. Der Mensch nutzt, (braucht, verbraucht) Pflanzen, Tiere, Steine, Feuer, Wasser, Luft und Erde für sein Leben.
Er ist abhängig von allem Lebendigen, von allen lebensspendenden Kräften und Elementen, abhängig vom „Großen Ganzen“. Zeit seines Lebens ist der Mensch auf Hilfe angewiesen, fast hilflos bedarf er dieser täglich. Er muss Hilfe erbitten – Bitten – Beten – sich Verbinden. Mit seiner Stimme, seinen Worten, Gesängen, in seiner Versenkung… Was gibt ein Mensch als Ausgleich oder Dank, dem „Großen Ganzen“ zurück? Was kann Er / Sie zurück geben: sein Blut, sein Fleisch, Fasten, Feiern, Freude, Liebe, Lieder, Geschenke, Gaben, Kinder…Danken. „Ich rufe Dich, Du Leben spendende Kraft. Ich mache mich bemerkbar und will in die Verbindung mit Dir.“ Drum rufe ich: „AHM, OHM, HUH, Ihja…“ Mein Zwerchfell ist meine Membrane, und damit kann ich kraftvoll meine Stimme in die Welt schleudern. Aus meiner Innenwelt in die Außenwelt, singe und benenne ich die Welt. Denn mein Atem ist Teil der universellen Lebenskraft, die alles belebt. Der Zustand der Welt verändert sich mit dem Klang, den ich erzeuge. Somit verändere ich die Welt. Denn: Atem und Klang sind Meister der Wandlung. Beginn jeder Handlung.
Kommen wir zur Trommel:
Die Trommel ist das wichtigste Hilfsmittel der Menschen, damit gezielt und rituell zu praktizieren. Eine Trommel ist ein Reittier, ein Boot, ein Vogel – je nachdem wohin die Reise geht. Ihr Klang und Rhythmus ist in der Lage, mich in die Nichtalltägliche Wirklichkeit zu tragen. Die Trommel ist ein Symbol der Schöpfung. Durch einen bewussten Akt der Zeugung werden Geburt und Tod durchlebt. Beim Schlag entsteht und entschwindet ein Ton. Entstehen und Vergehen sind hörbar.
Sie (die Trommel) ist rund und hohl. Sie ist bespannt mit einer weichen Haut, die einen Hohlraum (Bauch) bildet. Er (der Trommel- Stock) ist lang und hart. Er gibt den Impuls – Sie, die Trommel empfängt ihn. Ein Klang ist gezeugt. Die Trommel ist rund, sie bildet einen Kreis. Sie ist die Verbindung zur gesamten Schöpfung. Wie der Ring des Lebens ist sie ganz, unendlich, gleichzeitig und vereint alle Geschöpfe in sich. In ihrem Zentrum befindet sich das Nichts. Die „Schöpfer-innen- Kraft“ befindet sich in ihrer Mitte. Trommeln stärkt unsere Verbindung zur gesamten Schöpfung! Trommeln stärkt im Besonderen meine Verbindung zur Mutter Erde! Meine Trommel ist mein Werkzeug, mein Helfer, mein Telefon, mein Übersetzer, mein Verstärker. Sie durchdringt die Welten, von vorne nach hinten, von oben nach unten, von innen nach außen, von außen nach innen. Von mir zu dir und darüber hinaus.
Eine Trommel bauen.
Wie kommt es zur Geburt einer Trommel? Woher kommt die Liebe, die Zuneigung zur Vereinigung von meinem Geist zum Geist der Trommel. Vom Traum- zum Wunsch- zur Realität? Warum will ich eine Beziehung mit einer Trommel eingehen? Was will die Trommel von mir? Woher kommt dieser besondere Wunsch?
Zeugung des Wunsches:
Ich bekomme (von irgendwo her) die Aufgabe eine Trommel zu schlagen, zu bauen, damit zu singen, zu wirken. Vielleicht entsteht in mir ein Bild dieser Trommel in: Form, Holz, Tier, Klang, Bilder und Zeichen darauf… Wie oft baue ich eine Trommel in meinem Leben? 1 x Mal, 2 x Mal oder öfter? Wie viele Trommeln benötige ich? Welche Trommel zu welchem Zweck?
Die Trommel ist ein besonderer Ritualgegenstand. Ein Ritual nimmt mich aus der Zeit, es dehnt den Raum und mich mit ihm. Ein Ritual gibt Raum für neue Erfahrungen. Ich wende mich hin zum „Großen Ganzen“. Ich wende mich, ich wandele mich, ich vereinige mich. Ich stehe auf. Ich mache mich auf. Ich mache mich offen/weit.
Auch die Trommel ist hinten offen. Sie ist ein:
- großer Mund
- eine weite Höhle
- ein neuer, heller Raum
Die Trommel hat zwei Seiten, dazwischen die hauchdünne Membrane.
Die Trommel
- ruft
- singt
- sendet eine Botschaft
- hilft, verstärkt
Die Trommel und ich werden zu einer Einheit. Ich suche diese Einheit. Ich suche die Hilfe in dieser Einheit.
Beginn der Schwangerschaft:
- Schwanger mit dem Wunsch für eine Trommel gehen. Ich bereite mich vor: ich steige aus, aus dem Alltag. Ich steige Ein, in die „Weite Welt“ durch:
- Reinigung
- Räucherung
- Auszeit
- Fasten
- Enthaltsamkeit
- Einsamkeit
So bezeuge ich meine Ehrfurcht für die:
- Die Welt
- Die Kräfte
- Die Trommel
- Alle Helfer
- Meinen Geist
- Das „Große Ganze“
Ich danke vorab:
- Dem Baum
- Dem Tier
- Dem Wasser, dem Feuer, der Luft, dem Atem
- Den Geistern
- Allen Helfern, die mir helfen, dass es wohl gelingt. (Auto fahren, Werkzeug leihen, Kenntnisse und Erfahrungen beitragen, Material bereithalten, Essen kochen, Mut zusprechen…)
Ich gehe gezielt in Trance, um Auskunft zu erhalten:
- Wo steht der Baum?
- Welcher Baum?
- Der Baum ist Teil des Weltenbaums, den mir die Schöpfung zum Bau meiner Trommel, zur Verfügung stellt.
- Der Weltenbaum hat Wurzeln in der feuchten, dunklen Erde, einen Stamm im Hier und Jetzt, und seine Krone strebt zum Licht des Himmels.
- Das Holz aus diesem Baum ist eine magische Verbindung mit dem Weltenbaum.
- Diese zentrale Achse existiert ebenfalls in mir. Ich gehe aufrecht. Ich drehe mich um meine Wirbel- Säule, mit den Füßen auf dem Boden und dem Kopf in den Wolken.
- Meine Trommel trägt mich auf die Brücke, öffnet mir den Tunnel, durch den ich gehen kann, oder durch den die Geister zu mir kommen.
- Welches Tier gibt seine Haut?
Welche Vorkehrungen muss ich treffen?:
- Werkzeuge beschaffen
- Eine Werkstatt vorbereiten
- Notwendige Materialien zusammen tragen
- Helfer/Spezialist-innen und Hilfsmittel erbitten
Instrumentenbauer – innen fertigen Instrumente in langer Tradition, mit viel Erfahrung aus Versuch und Irrtum. Aus diesem reichen Erfahrungsschatz der Generationen, werden gute und nutzbare Trommeln erschaffen.
Dann die Geburt:
- In Konzentration und Schönheit wird aus den gefundenen Materialien eine wunderbare Trommel gebaut.
- „Oh, wie schön sie ist. Oh wie wohlklingend ihre Stimme“.
- Sie klingt einzigartig, sie ist einzigartig. Wie jedes Blatt an einem Baum, wie jeder einzelne Fingerabdruck.
Was passiert mit den Resten aus der Herstellung, den Spänen, Haut- und Lederresten? Sie werden sorgsam gesammelt und begraben (respektvoll zurück in den Kreislauf gegeben).
Aus der Traditionen
Wann ist eine Trommel fertig? Wann erklingt eine Trommel das erste Mal? Wie kommen die Hilfsgeister der Praktizierenden in die Trommel? Sind die Hilfsgeister in die Trommel eingeladen, (Zeremonie) dann kann sie genutzt werden? In Nepal soll eine neue Trommel von einem kleinen Kind 3 Tage lang vor dem zu-Bett-gehen gespielt werden. Danach ist die Trommel erleuchtet. Die erste Reise des Praktizierenden geht zum Weltenbaum. Dort wird die neue Trommel den großen Schöpfungskräften vorgestellt. In Dankbarkeit und Freude wird die neue Trommel empfangen. Die Trommel ist einmalig. Sie ist ein neues Wesen, hat einen einzigartigen Klang. Und die Frage ist: Hat die Trommel einen eigenen Geist?
Die neue Trommel wird empfangen, wie ein Neugeborenes:
- Ihr einen Name geben
- Sie langsam erwachen lassen
- Sich leise kennen lernen
- Sie liebkosen und bewundern
- Viel Zeit miteinander verbringen
- Miteinander spielen, wie ein Kind vor dem Schlafengehen
- Ihr den Weg ins Leben eröffnen
- Sie der Gemeinschaft vorstellen
- Sie behüten, beschützen, ehren und leben lassen
- Füttern
- Sie darf sich entwickeln, (jedes Instrument muss eingespielt werden, der Klang wird feiner, lebendiger)
- Gemeinsame Reisen unternehmen, mit vielen Orten in Kontakt kommen, den Geist der Orte aufnehmen- mitnehmen.
- Dankbar in eine respektvolle Verbindung kommen
Fragen können gestellt werden, an den Geist der Trommel:
- Wie transportiere ich Dich, Tasche, Aufbewahrungsplatz im Haus?
- Speisen, Futter?
- Aufgabe, Einsatz?
- Gehänge aus verschiedenen Materialien, Welche?
- Kraftgegenstände der Hilfs- und Schutzgeister?
- Glöckchen (Boten der Gesänge)?
- Bilder, Symbole, Griffe, Fahnen, Farben, Werkzeuge?
- Landkarte mit heiligen Orten/Kraftorten?
- Wer darf sie berühren, sehen, spielen?
- Wann spielen?
- Wie spielen?
- Reinigung, Ruhezeiten?
- Drinnen oder im Freien spielen?
- Zusammen ausgehen, bei sich tragen…..?
Das Trommeln:
„Während der Trance fungiert die Trommel als Ersatz für das Herz, das in dem Körper, den der Schamanen verlassen hat, noch schlägt.“ (Mickey Hart: „Magische Trommeln“, S. 234)
- Die Trommel wird notfalls erhitzt, um die gewünschte Tonhöhe zu erreichen.
- Der gleichmäßige Rhythmus beginnt gleichmäßig und langsam, dann steigert er sich auf 3– 7 Schläge pro Sekunde (180 – 420 beats/min)
- Der Trommelschlag muss sich einpendeln, um immer tiefer in die Trance zu führen.
- Wenn die Reise zu Ende geht, verlangsamt sich das Tempo, damit das Bewusstsein zum normalen Zustand zurückkehren kann.
Allgemeine Wirkungen von Trommeln auf den Organismus:
- Trommeln beschleunigt die körperliche Heilung
- Stärkt das Immunsystem
- Ruft Wohlbefinden hervor
- Kann emotionale Traumata auflösen
- Kann wirksam gegen Sucht, Depressionen, chron. Schmerzen, Krebs, Multiple Sklerose, Parkinson, Alzheimer sein. (R.L. Friedman, 2000, „The Healing Power of the Drum“)
(Brainstorming und Sammlung: Achim Becker, März 2022)
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